Apr
19
2011

ROY ORBISON: DAS BESTE DER MONUMENT-ÄRA

logo

„Only The Lonely“, „Pretty Woman“ und mehr: Zum 75. Geburtstag von Roy Orbison erscheinen nun bei Sony die besten Aufnahmen aus den Jahren 1960 bis 1965, als der Mann mit der Sonnenbrille bei Monument Records seine klassische Phase erlebte.

von Ernst Hofacker

Er hatte die schönste Stimme von allen und blieb doch ein Sonderling. Dafür sorgte allein schon seine Erscheinung: ganz in Schwarz, Sonnenbrille, unbewegte Miene. Irgendwie wirkte er tragisch, ein Loner, der ein dunkles Geheimnis mit sich herumzutragen schien. Als in der ersten Hälfte der sechziger Jahre alle Welt den fröhlichen Beatles zu Füßen lag, blieb Roy Orbison so ziemlich der einzige US-Star, der unbeeindruckt von der British Invasion weiter sein Ding durchzog. Wenn Elvis die Hüfte des Pop war, dann war Orbison sein Caruso.

Angefangen hatte Orbison im selben Stall wie Elvis, bei Sam Phillips’ Sun Records, wo der gerade 20-Jährige im Jahr 1956 auftauchte. Phillips gefiel die Stimme des jungen Texaners, und er verordnete ihm den selben Rockabilly, den alle bei Sun Records machten. Zwar gelangen bald kleine Hits wie „Ooby Dooby“, wohl aber fühlte sich Orbison nicht. 1960 fügten sich die Dinge, er begegnete Fred Foster, einem tatendurstigen Entrepeneur, der zuvor bei Mercury Records gearbeitet hatte und nun sein eigenes Label, Monument Records, startete. Foster verpflichtete Orbison und ließ ihm freie Hand. Der fand nun seinen ganz eigenen Weg und lieferte in den nächsten fünf Jahren nicht weniger als 15 Top-40-Hits, darunter einige der langlebigsten aus der klassischen Pop-Ära. Sie alle folgten einem typischen Strickmuster: Herzschmerz, getragenes Tempo, ausgeklügelte Dramaturgie, aufwendige Instrumentierung, geradezu sinfonische Produktion. Orbisons Songs waren Mini-Opern, unwiderstehliche Dramen und unverwechselbar allein durch diesen einzigartigen Gesang. Den Anfang machte „Only The Lonely“ mit moderatem Latin-Rhythmus, es folgten „Blue Bayou“, „Running Scared“, „In Dreams“ und 1964 der größte Hit von allen, „Pretty Woman“.

Cover_HiResBis 1965 hielt Orbisons Höhenflug bei Monument Records an, dann verschwand er langsam in der Versenkung – nicht aber aus dem Gedächtnis einiger der ganz Großen späterer Rockjahre, darunter Bruce Springsteen, Jackson Browne, Elvis Costello und Tom Waits. Sie alle verehrten den Mann mit der Sonnenbrille und begleiteten ihn 1986 beim TV-Special „Roy Orbison & Friends: A Black & White Night“ auf der Bühne. Es war der Startschuss zu einem der erstaunlichsten Comebacks der Popgeschichte. 1988 feierte Orbison weltweite Erfolge mit den Traveling Wilburys, zu denen neben ihm selbst Bob Dylan, Jeff Lynne, George Harrison und Tom Petty gehörten. Noch im selben Jahr nahm er das grandiose Soloalbum „Mistery Girl“ auf, dessen Veröffentlichung er allerdings nicht mehr erleben sollte. Völlig überraschend erlag Roy Orbison am 6. Dezember 1988 den Folgen einer Herzattacke.

Zum 75. Geburtstag des Sängers am 23. April erscheint bei Sony das 2 CD/1 DVD-Set „The Monument Singles Collection“ mit allen großen Hits aus den Jahren 1960 bis 1964.