Jul
17
2014

Zum Tod von Johnny Winter

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In der Nacht auf den 16. Juli starb in Zürich der legendäre Bluesgitarrist Johnny Winter. Bis zuletzt hatte der 70-Jährige Konzerte gegeben, und für Anfang September war ein neues Album angekündigt. Legacy Club verneigt sich vor einem der ganz Großen.

Text: Ernst Hofacker

Fast ein halbes Jahrhundert ist vergangen, seit John Dawson Winter III, geboren am 23. Februar 1944 im texanischen Beaumont, seine Gitarre zum ersten Mal auf einer Langspielplatte hören ließ. Allerdings nahm „The Progressive Blues Experiment“ im Jahr 1968 noch kaum jemand wahr, denn außerhalb von Texas war Winter da noch ein unbeschriebenes Blatt, und das kleine Label Sonobeat Records, bei dem diese Sammlung früher Aufnahmen erschienen war, verfügte nicht über die nötige Marktmacht, um das Talent landesweit zu promoten.

Das heißeste Ding neben Janis Joplin

Im Dezember 1968 aber kamen die Dinge ins Rollen: Zunächst erschien im Rolling Stone ein Artikel, der ihn als „das heißeste Ding neben Janis Joplin“ pries, dann wurde Winter beim sagenumwobenen „Super Session“-Konzert von Mike Bloomfield und Al Kooper auf die Bühne gebeten. Columbia Records gewann das nun folgende Wettbieten der großen Plattenfirmen, zahlte eine Rekordsumme als Vorschuss und gab so den Startschuss für die Karriere des weißhaarigen Albino-Gitarristen.

Sie wollten ihn zum neuen Superstar aufbauen – Glamour und Popruhm aber waren nicht wirklich sein Ding. Der dürre Mann mit den langen weißen Haaren war vor allem ein Vollblutmusiker, der mit seiner Gitarre nicht nur sämtliche Spielarten des Blues beherrschte, sondern bald auch als potenter Songwriter von sich reden machte. Fünf Alben veröffentlichte er allein in den ersten drei Jahren seiner Karriere. Sie machten den Saiten-Maniac mit der lichtgeschwinden Slide-Gitarre populär, definierten das Genre des elektrischen Powerblues nachhaltig und demonstrierten, dass Winter, der zunächst mit Countrymusik angefangen und schon früh das Klarinettenspiel erlernt hatte, neben rumpelndem Boogie auch sensible Balladen, akustischen Folkblues und Groove-betonten Funk zu bieten hatte.

Ehrendienst für Muddy Waters

Später machte er zudem als Produzent von sich reden. So verhalf Winter der Blueslegende Muddy Waters 1977 mit dem brillanten Album „Hard Again“ zu einem großartigen Comeback. Unvergessen auch sein furioser Auftritt am 22. April 1979 bei der WDR-Rockpalastnacht in der Essener Grugahalle, mit dem er sich auch in Europa eine riesige Anhängerschaft eroberte.

Bis zuletzt t88883740852_2ourte der Gitarrist kreuz und quer durch die Welt, 18 Studioalben hat er veröffentlicht, dazu acht Livealben, und lange schon zählte er zum erlauchten Kreis derer, die in die Blues Hall Of Fame aufgenommen wurden.

Am Morgen des 17. Juli 2014 starb Johnny Winter während eines Aufenthalts im schweizerischen Zürich. Für den 2. September hatte Johnny Winter das neue Studioalbum „Step Back“ mit diversen Gaststars angekündigt, darunter Eric Clapton, Brian Setzer, Dr. John und Leslie West.

Zu Winters 70. Geburtstag war im Februar dieses Jahres bereits das 4-CD-Boxset True To The Blues: The Johnny Winter Story erschienen. Es bietet mit 56 Tracks Highlights aus sämtlichen Phasen seiner Karriere. Neben Stücken von seinen Soloalben sind darauf zahlreiche Duette u. a mit Muddy Waters, Dr. John und Derek Trucks sowie seltene Live-Mitschnitte und unveröffentlichtes Studiomaterial zu hören.

TIPP: Lesen Sie hier den Legacy-Beitrag Albumperlen der 60er